Eine bescheidene Kamera und ein einziges Wohnzimmer als Schauplatz reichen für “The Man From Earth” aus, um aus gefühlt wenig, gefühlt sehr sehr viel zu machen. Gefilmt mit einem herkömmlichen Panasonic DVX100 Camcorder, ist die mäßige Bildqualität des Filmes zu erklären. Die Handlung spielt sich komplett in einem Zimmer ab, sodass ein einzelnes Set für die Dreharbeiten ausreichend war. Zudem ist der Science-Fiction-Film aus dem Jahr 2007 zwar nur auf acht Schauspieler reduziert, doch reicht dieser Minimalismus für ganz großes Kino aus.
Worum geht es in dem Film?
Die Faszination des Filmes leitet sich aus dem Drehbuch, den Dialogen und der Handlung ab. Im Film kommen spontan Freunde und Kollegen des Universitätsprofessors John Oldman in seinem bescheidenen Zuhause zusammen, um sich von diesem zu verabschieden und den Grund für seine Abreise in Erfahrung zu bringen, denn dieser hüllt sich zunächst in Schweigen.
Bei der Gruppe, die uns im Film begleitet, handelt es sich um Akademiker aus verschiedenen Fachgebieten. Wir treffen auf einen Biologen, eine Kunstwissenschaftlerin, einen Anthropologen, eine Historikerin und einen Archäologen. Die Interdisziplinarität ist wichtig für das Gesamtbild, denn im Kern geht es um John Oldmans Behauptung, seit 14.000 Jahren am Leben zu sein und deshalb immer wieder weiterziehen zu müssen, weil er nicht altert.
Aberglaube vs. Wissenschaft
Zwar ungläubig, aber dennoch an der These interessiert, finden die Wissenschaftler verschiedene Argumente für und gegen die Hypothese des ewig-lebenden-Mannes. Sie löchern den Abreisenden mit Fragen aus der Vergangenheit, auf die er jedes Mal eine clevere Antwort hat.
Edith: Where were you in 1292 A.D.?
John Oldman: Where were you a year ago today?
Er erzählt von der Zeit als Höhlenmensch, von seinen Treffen mit van Gogh und Christoph Kolumbus und dass er vor etwa 2000 Jahren versuchte, die Lehren Buddhas, als ein Mann namens Jesus an die damalige Situation anzupassen und zu verbreiten. Solche Aussagen verleiten die Anwesenden zu vielseitigen Diskussionen und Spekulationen über die Nachweisbarkeit einer solchen Mutmaßung. Es entwickeln sich verschiedene Gedankenkonstrukte zu philosophischen und theologischen Fragen, die den Zuschauer in eine wunderbar tiefsinnige Gedankenwelt entführen.
Ob John Oldman am Ende von “The Man From Earth” wirklich 14.000 Jahre alt ist oder vielleicht doch geisteskrank, lasse ich an dieser Stelle offen. Es sei nur soviel verraten, dass es aufgelöst wird.
Für wen eignet sich „The Man From Earth“?
“The Man From Earth” vom Regisseur Richard Schenkman und dem Autoren Jerome Bixby ist der perfekte Film für Menschen, die wenig Sinn in der 4. oder 5. unnötigen Actions-Szene in typischen Blockbustern sehen. Der Film kommt ohne Mord und ohne Waffengewalt aus, denn es geht einzig und allein ums Erzählen und um das Schüren tiefgründiger Gedanken, im Sinne von, was wäre, wenn es wirklich einen Menschen gäbe, der so viele Jahre gelebt hätte.
Diese Art des Kammerspiel-Filmes findet sich auch in “Die zwölf Geschworenen”, den ich unweigerlich mit “The Man From Earth” vergleichen muss. Denn auch hier geht es einzig und allein um die Art des Erzählens und die Dialoge, die weithin zum Nachdenken anregen. Für mich ist ein Film, der ausschließlich von Gesprächen lebt, die so spannend sind, dass man bis zum Ende gar nicht anders kann, als zu zu hören, ein absolutes Meisterwerk.
Deshalb empfehle ich dir „The Man From Earth“, wenn du ebenfalls viel von anspruchsvollen Filmen hältst.
Auf YouTube findest du den Film in voller Länge auf dem Kanal von Netzkino: